Lesenswertes

An dieser Stelle möchte ich alle Besucher bitten, sich den folgenden Text bewusst durchzulesen. Mit dieser verkürzten Selbstfassung aus dem Buch „Mein Weg“ von Sensei Funakoshi, möchte ich Euch die Tiefgründigkeit der Kampfkunst nahe bringen.

 

Kampf ohne Waffen

(Aus dem Buch  Karate –Do “ Mein Weg“ Gichin Funakoshi)

Unter den  Lehrern Okinawas, bei denen   G. Funakoshi von Zeit zu Zeit trainierte, war auch  Meister Matsumura, der ihm eine Begebenheit erzählte, die ein einzigartiges Beispiel für den wahren Charakter des Karates ist.

Zu seiner Zeit ist Matsumurta in ein Graveurgeschäft gegangen. Er wollte dort ein Muster in den Messingtopf seiner Pfeife gravieren lassen. Der Graveur, der seinen vierzigsten Geburtstag schon hinter sich hatte, aber noch in der Blüte seiner Jahre war, dass konnte Matsumura deutlich an dem ausgeprägten Nacken, der einem Stiernacken glich und den Muskeln die sich unter den kurzärmeligen Kimono abzeichneten erkennen. Begrüßte ihn freundlich.

Matsumura war zu der Zeit von ganz anderer Statur, er war gerade um die dreißig Jahre, ob gleich ihm die Masse des Graveurs fehlte war er nicht weniger beeindrucken. Das Auffallendste an ihm waren jedoch seine Augen. Sie waren so scharf und durchdringen wie die eines Adlers.

Da der Graveur auch Meister des Karate war, erkannte Meister Matsumura sofort. Im laufe des Gespräches, fragte der Graveur ob Matsumura ihn nicht  unterweisen würde. Matsumura lehnte ab. Der Graveur ließ nicht locker, Matsumura blieb bei seiner anfänglichen Aussage. Als der Graveur keine Möglichkeit mehr sah, unterwiesen zu werden, forderte er Matsumura zu einem Zweikampf auf Leben und Tod heraus. Der Graveur wollte unter allen Umständen erfahren wie das Karate von Meister Matsumura ist. Den geforderten Zweikampf konnte Meister Matsumura nicht mehr ausschlagen.

Pünktlich zur verabredeten Zeit standen sich die zwei Männer in einer Entfernung von nur zwölf Metern gegenüber. Der Graveur macht die erste Bewegung und verkürzte die Entfernung auf die Hälfte. Matsumura erhebt sich von dem Felsen auf dem er gesessen hat und stellt sich dem Gegner in einer Natürlichen Haltung gegenüber, wobei die linke Schulter ein wenig vor stand und sein Kinn auf dieser ruhte. Verblüfft von dieser Haltung, fragte sich der Graveur, ob der Mann den Verstand verloren habe. Da eine solche Haltung anscheinend keine Verteidigungsmöglich bot. Somit setzte er seinen Angriff an. Genau im selben Moment öffnete Matsumura seine Augen weit und blickte tief in die Augen des Angreifers. Von einer Kraft, einem Blitzschlag vergleichbar, zurück geworfen, taumelte der Graveur zurück.

 Mit Schweißbedeckter Stirn und  Herzrasen, setzte sich der Graveur auf einen Felsen. Matsumura setzte sich auch wieder. Der Graveur konnte sich die Situation nicht erklären. Dann hörte er Matsumuras Rufe: „He! Mach weiter! Die Sonne geht auf. Lass uns weiter machen!“ Die Männer erhoben sich und Matsumura nahm wieder die selbe natürliche Position  wie vorher ein. Der Graveur war entschlossen, den Angriff diesmal zu Ende zu führen und bewegte sich auf den Gegner zu – von zwölf auf acht auf vier Meter heran. Plötzlich stoppte er, unfähig ,weiter vorzugehen, bewegungslos gemacht durch die unheimliche Kraft, die aus Matsumuras Augen kam. Dennoch war er unfähig, sein Blick von dem seines Gegners loszureißen; er spürte innerlich, dass, wenn er es täte, etwas Furchtbares passieren würde. Wie konnte er sich aus dieser Lege befreien? Plötzlich stieß er einen lauten Schrei aus, einen Kiai, der sich jedoch wie ein „Yach!“ anhörte. Matsumura stand immer noch bewegungslos dar. Bei diesem Anblick sprang der Graveur überrascht und erschrocken zurück. Matsumura lächelte. „Was ist los?“ rief er. „Warum greifst Du nicht an? Du kannst einen Kampf nicht durch schreien allein gewinnen.

Verwundert nahm der Graveur noch einmal allen Mut zusammen. Auch wenn er verlieren würde, sei er besser Tod, bevor er sein Gesicht verliere. Der Graveur warnte Matsumura noch mit den Worten, „dass er nun in SUTEMI angreifen wird ( das bedeutet bis zum Tod kämpfen).“

„Gut“, rief Matsumura. „Dann los!“

Im selben Moment in dem der Graveur angreifen wollte, stieß Matsumura einen lauten Schrei aus, der wie Donner in den Ohren des Graveurs klang. Wie der Blitz aus seinen Augen bewirkte das Donnern seiner Stimme, dass der Graveur wieder wie versteinert inne hielt. Aus letzter Kraft versuchte der Graveur  einen letzten Angriff.

Zugleich erhellte die Sonne Matsumuras Kopf und der Graveur erinnerte sich an eine Sage, in der  Männer edlen Geistes, Dämonen und Drachen töten.

Der Graveur gab den Kampf auf  und  bat um Vergebung. Gleichsam erkannte er, dass es keinen Vergleich zwischen Ihm und Meister Matsumura gäbe.

„Das ist nicht richtig“ sprach Matsumura. Euer Kampfgeist ist vorbildlich, Ihr besitzt großes Können. Hätten wir wirklich gekämpft, so hätte ich genauso gut besiegt werden können. Voller Ehrfurcht konnte der Graveur die Worte nicht glauben. „Tatsache ist, dass ich total hilflos war, wenn ich Euch ansah. Ich war so erschreckt durch Eure Augen, dass ich jeden Kampfgeist verlor“.

Mit sanfter Stimme fügte Matsumura hinzu “vielleicht“. „Aber soviel weiß ich: Ihr wart entschlossen zu gewinnen und ich war genau so entschlossen zu sterben, falls ich den Kampf verlieren sollte. Das war der Unterschied zwischen uns“. „Als ich gestern Euren Laden betrat, war ich sehr unglücklich. Nach Eurer Herausforderung war ich ängstlich; als wir uns jedoch zum Kampf entschlossen, verschwanden plötzlich all meine Sorgen. Ich erkannte, dass ich von Kleinigkeiten besessen und mit Problemen beschäftigt war“.  Heute bin wiedereinmal ein weiserer Mensch als Gestern.

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